Wetter. Immer ein schwieriges Thema. Besonders dann, wenn ich mir mal wieder die Frage stelle: "Wird es heute Nachmittag regnen?". Ich gucke auf meine Apple Watch, schaue in drei verschiedene Wetter-Apps, gucke online auf mehreren Webseiten und trotzdem habe ich keine eindeutige Antwort. Deshalb habe ich mich einmal mit dem Thema Wetter und Wetter-Apps auseinandergesetzt.
In diesem Artikel kläre ich die Frage: Welche Wetter-App liefert die zuverlässigsten und präzisesten Prognosen für Deutschland? Alle getesten Apps sind sowohl für iOS als auch Android verfügbar. Getestet wurden die iPhone Varianten. Zusätzlich wurde jeweils dessen Integrationen mit der Apple Watch betrachtet (sofern vorhanden).
TL;DR
Für die Eiligen gibt es das gekürzte Fazit vorweg:
Die mit Abstand besten Wettervorhersagen für Deutschland liefert die Wetter-App Pflotsch SuperHD von Kachelmann. Der 2. Platz geht an wetter.com, aufgrund der übersichtlichen Benutzeroberfläche und guten Prognosen. Vergleich siehe unten.
Amerikanische Apps überfluten den Markt
Die meisten Wetter-Apps, die man im AppStore findet oder die bereits auf den Geräten (z. B. iPhone) vorinstalliert sind, haben ihren Ursprung in den USA. Das Hauptproblem hierbei ist allerdings, dass nicht nur Waffengesetze, Sozialpolitik und Einheitensystem der Amerikaner fragwürdig sind, sondern vor allem auch ihre Wettervorhersagen für Europa.
Für eine präzise Wettervorhersage braucht es 2 Dinge:
- Viele, viele Daten (z. B. von regional verteilten Wetterstationen) und
- ein für die Region gültiges Vorhersagemodell.
Das Problem der amerikanischen Apps: Sie haben weder die notwendigen Daten, noch das richtige Modell. Meist stammen die Daten aus lokalen Datenbanken, die frei oder günstig Zugriff gewähren, um Kosten zu sparen. Diese Daten werden dann von einem Modell analysiert, welches international funktioniert, allerdings für die USA optimiert ist (z. B. GFS).
Das richtige Vorhersagemodell ist entscheidend
Eine präzise Vorhersage ist nur mit dem richtigen Modell zu erreichen. Hier ein Überblick über ein paar erwähnenswerte Modelle:
- GFS (Global Forecast System): Das GFS ist ein globales, amerikanisches Vorhersagemodell, was in den USA entwickelt und betrieben wird. Es wird in sämtlichen vorinstallierten Apps und fast allen Wetter-Apps, die sich im AppStore finden, benutzt. Es liefert sehr gute Ergebnisse in den USA und gute Ergebnisse für Großräume. Es ermöglicht aber keine präzisen Vorhersagen für kleine Regionen bzw. Orte in Deutschland. Deshalb: Vermeiden!
- ECMWF (European Centre for Medium-Range Weather Forecasts): Das ECMWF hat ein eigenes Modell, welches sehr gute Vorhersagen für Europa liefert. Einige Wetter-Apps bedienen sich dieser Vorhersagen. Aber: Es gibt bessere Modelle für Mitteleuropa.
- ICON/ICON-EU/ICON-D2: Das ICON Modell gibt es in regional angepassten Varianten. So wird das ICON-D2 Modell ab 2021 operationell vom Deutschen Wetterdienst (DWD) eingesetzt. Es liefert sehr gute und präzise Vorhersagen mit hoher Auflösung (ca. 2km).
- Andere: Einige private Anbieter haben ihre eigenen Modelle entwickelt oder bestehende angepasst, um gute Prognosen für Deutschland generieren zu können. Zwei dieser Anbieter sind Kachelmannwetter mit ihrem SuperHD-Modell (Auflösung: 1km) und die MeteoGroup. Beide liefern außerordentlich gute Prognosen ab und sind teilweise besser als ICON-D2 und ECMWF.
Jörg Kachelmann macht das Wetter
Ende der 90er hat Jörg Kachelmann den Wetterdienst Meteomedia AG gegründet. Sie haben Zugriff auf unzählige Wetterstationen in Deutschland und zeichnen sich durch regional gute Vorhersagen aus. 2013 schied Kachelmann allerdings aus und die Meteomedia ging in die britische MeteoGroup über. Erst letztens wurde die MeteoGroup an die amerikanische DTN verkauft. Dennoch glänzt die DTN/MeteoGroup auch ohne Kachelmann mit äußerst präzisen Vorhersagen. Sie betreiben die Website www.wetter24.de und die App WeatherPro, die sowohl auf iOS als auch Android sehr erfolgreich ist, allerdings aktuell durch die DTN Übernahme nicht weiterentwickelt wird.
Kachelmann hat daraufhin 2014 die Kachelmann GmbH gegründet und betreibt seit einiger Zeit den Wetterdienst kachelmannwetter.com. Auf der Website heißt es selbst:
"Die Kachelmann GmbH [bietet] State-of-the-Art Wetterdienstleistungen und [greift] dabei auf jahrzehntelanges Know-How Ihres Gründers und seiner Mitarbeiter zurück [...].
Mit Kachelmannwetter.com hat die Kachelmann GmbH eine B2C Wetterseite auf dem deutschsprachigen Markt platziert, die in ihrem Angebot und in ihrer Qualität der Wetterinformationen jegliche Konkurrenz weit hinter sich lässt [...].
Ein erklärtes Ziel der Kachelmann GmbH ist es, dem Kunden das Vertrauen in Wettervorhersagen und die Wissenschaft der Meteorologie zurückzugeben, das durch viele schlechte Wetter-Apps und unseriöse Wetteranbietern immer mehr verloren geht."
Wetter-Apps im Vergleich
Ich habe mir mehrere Wetter-Apps auf iOS (iPhone und Apple Watch) angesehen und miteinander verglichen. Hier sind meine Erkenntnisse:
Vorinstallierte Wetter-App von Apple (Stock)
Sieht schickt aus, ist gut integriert, 8-Tage Prognose, aber die Vorhersage ist unbrauchbar (zumindest für meinen Wohnort). Laut eigenen Angaben nutzt die App als Datenquelle den amerikanischen Anbieter The Weather Channel.
wetter.com
Dieser Wetterdienst wird von Prosieben/Sat1 beworben und ist nicht ohne Grund Platz 1 der Wetter-Apps im AppStore. Die Nutzeroberfläche ist aufgeräumt, sieht modern aus und die Vorhersagen sind sehr präzise. Die App bietet stundengenaue Prognosen für die nächsten 48h sowie 7/16 Tage Trends an. Die Grafiken sind simpel und leicht verständlich. Unwetterwarnungen vom Deutschen Wetterdienst (DWD) gibt es bei Bedarf per Push-Benachrichtigung. Ein Regenradar ist mit dabei.
Die App zeigt in der kostenfreien Variante relativ viel Werbung an. Für 4,99€ im Jahr lässt sich diese allerdings kostengünstig entfernen.
wetter.com gibt es auch auf der Apple Watch. Dabei zeigt die App die Vorhersage für die kommenden 48 Stunden an. Auch gibt es 3 Complications in verschiedenen Größen, die allerdings nicht zuverlässig funktionen. So zeigt die große Complication für die Digtal-Faces auf der Watch Series 6 gar nichts an. Schade!
Woher wetter.com die Wetterdaten nimmt, ist ungewiss. Anzunehmen ist, dass hier mehrere Quellen zusammengeführt werden (von ECMWF und DWD). Das Ergebnis ist jedenfalls ganz gut.
WetterOnline / RegenRadar
Weitere beliebte Apps sind das RegenRadar und WetterOnline, der gleichnamigen GmbH. Das Regenradar ist in beiden Apps enthalten und liefert zuverlässig Regenkarten über einen Zeitraum von bis zu 2 Stunden in die Vergangenheit und 2 Stunden in die Zukunft. Diese Apps machen einen guten, aufgeräumten Eindruck. Die Vorhersagen sind sehr gut und basieren auf den Daten von ECMWF und DWD. Es werden Prognosen für die kommenden 14 Tage angeboten, allerdings gibt es keine vertiefenden Grafiken und Diagramme. Werbefrei gibt es die App für 6,99€ im Jahr.
Highlight der App ist die 90 Minuten Vorhersage. Mit dieser Funktion wird das Wetter in 15 Minuten Schritten für die kommenden 90 Minuten dargestellt.
Die Apple Watch wird zwar offiziell unterstützt, allerdings gibt es keine Watch-Face Complications und die Watch-App liefert nicht besonders viele Wetterinformationen.
Einen faden Beigeschmack hat die WetterOnline-App allerdings, da das Unternehmen den staatlich beauftragten Deutschen Wetterdienst vor dem BGH verklagt hat. Der DWD stellt kostenlos Wetterdaten zur Verfügung und hat auf Basis dessen auch die kostenlose App WarnWetter in die AppStores gebracht. Aus Gründen der Geldgier hat WetterOnline Klage eingereicht und die WarnWetter-App wurde 2020 von BGH als wettbewerbswidrig eingestuft (mehr dazu: hier).
WarnWetter
Die WarnWetter App wird vom Deutschen Wetterdienst (DWD) bereitgestellt. Gegen eine verpflichtende Gebühr von 1,99€ (lt. BGH-Urteil 2020, siehe hier), lassen sich alle Funktionen der App freischalten. Neben Unwetterwarnungen, gibt es auch Karten für Niederschlag, Wolken, Sturm sowie 10 Tage Aussichten mit Diagrammen für einzeln auf der Wetterkarte wählbare Wetterstationen. Wer in einem Ort ohne Wetterstation wohnt, muss selbst approximieren. Das Interface sieht ganz in Ordnung aus, aber die Bedienung ist leicht hakelig. Die Wettervorhersagen der einzelnen Stationen hingegen sind sehr präzise.
WeatherPro
WeatherPro ist ein Produkt der MeteoGroup. Es besitzt Wetterkarten, Radar und eine 7-Tage Vorhersage aufgeschlüsselt in 3 Stunden Intervalle. Die Vorhersagen sind sehr gut. Die App kostet 0,99€ und danach 10€ im Jahr für Premium-Funktionen. Sogar die Apple Watch wird unterstützt, allerdings gibt es keine Complications.
Alles in allem eine der besten Apps, wäre da nicht eine Sache: Die MeteoGroup wurde wie o.g. zuletzt an die amerikanische DTN verkauft. WeatherPro wird nun leider nicht mehr weiterentwickelt. Die letzte Aktualisierung im AppStore ist 2 Jahre her. Sehr, sehr Schade.
Windy
Die App Windy zeigt sehr eindrucksvoll animierte Wind- und Wetterkarten an. Für einzelne Orte gibt es 6-Tage Prognosen für die wichtigsten Parameter. Darüber hinaus gibt es verschiedene Diagramme (Basisdaten, Wellen, Wind, etc.) sowie die Möglichkeit verschiedene Modelle (ECMWF, GFS, ICON-EU, etc.) miteinander zu vergleichen. Alles in allem ist die App aber ungeeignet für einen schnellen Blick aufs Tageswetter. Dies ist aber auch nicht der Anspruch der Windy-App.
Carrot-Weather
Carrot ist eine etwas andere Wetter-App. Sie wertet auf mit lustigen Sprüchen, Challenges und vielen Dingen, die man nicht von einer Wetter-App kennt. Will man das alles nicht haben, kann man es abschalten. Das habe ich gemacht. Heraus kommt ein wirklich atemberaubend schönes Interface mit vielen Einstellungsmöglichkeiten für Übersichten, Grafiken und Diagramme. Carrot kann wirklich alles anzeigen, was man sich vorstellen kann. Die Apple Watch wird ebenfalls mit einer tollen App und unzähligen, wundervollen Complications für alle Watch-Faces beliefert.
Carrot-Weather gibt es leider nur auf Englisch. Zusätzlich sind die Vorhersagen in der kostenlosen Variante mehr als nur unbrauchbar. Wer allerdings über 22€ im Jahr ausgibt, kann als Datenquelle in den Einstellungen der App die MeteoGroup auswählen. Die eingehenden Daten sowie stündlichen Vorhersagen sind dann absolut präzise. Es wäre die perfekte Wetter-App, wenn da nicht ein kleiner Haken wäre: Die Entwickler verstehen nichts von Mathe, Statistik und Meteorologie. Während die stündlichen Vorhersagen direkt von der MeteoGroup kommen, so werden die Tagesvorhersagen von der App selbst berechnet und das geht mächtig schief. Autsch, nachsitzen!
Pflotsh SuperHD / Pflotsh ECMWF (+ Pflotsh Storm)
Hinter Pflotsh (schweizerdeutsch für Schneematsch) steckt die Kachelmann GmbH und kachelmannwetter.com. Das Design der Apps und die Benutzerfreundlichkeit sind wirklich schlecht, aber die angezeigten Daten und Diagramme stellen alle anderen Apps in den Schatten. Extrem hochauflösende Wetterkarten für eine unzählbare Anzahl verschiedener Wetter-Parameter, 8-Tage Prognosen und unschlagbar präzise Vorhersagemodelle. Die Apple Watch wird ebenfalls mit einer übersichtlichen App und mehreren Complications unterstützt.
Die Pflotsh SuperHD App für Mitteleuropa/DACH kostet im Jahr 11,49€. Wer jedoch auf der Suche nach weltweite Prognosen ist kann die Pflotsh ECMWF App für 44,99€ im Jahr nutzen.
Besonderheit der beiden Apps sind, dass die Prognosen stets aus einem clever visualisierten Vergleich von 3 verschiedenen Vorhersagemodellen bestehen. Dem Super HD (Auflösung: 1km) von Kachelmann, dem ICON des Deutschen Wetterdienstes und dem ECMWF. Wie das Ganze aussieht und funktioniert, erklärt die App beim ersten Öffnen (siehe Bilder).
Die Pflotsh SuperHD App wäre wirklich unschlagbar, wenn die Nutzeroberfläche ein wenig Einladender gestaltet wäre.
Wer zusätzlich gerne eine auf 5 Minuten genaue Wetteranalyse mit Regenradar möchte, sollte sich auch die Pflotsh Storm App herunterladen. Dies ist im ECMWF Abo mit enthalten und kostet ansonsten 6,99€ pro Jahr.
Andere
Apps wie Wetter.net (Q.met), Wetter.de (RTL) sind auch ganz gut, jedoch deutlich unansprechender oder mit weniger Umfang als die genannten Alternativen. Andere Apps wie AccuWeather, Weather Live, The Weather Channel sollten unbedingt vermieden werden.
Fazit
Alle großen, deutschen Wetter-Apps liefern bessere Prognosen als die vorinstallierte App von Apple und die der amerikanischen Anbieter (WeatherChannel, AccuWeather, etc.). Die besten Vorhersagen bekommt man aktuell von der Kachelmann-App Pflotsh SuperHD für 11,49€ pro Jahr (Mitteleuropa/DACH). Danach folgen die WetterOnline-App (werbefrei für 6,99€ im Jahr) und die wetter.com-App von ProsiebenSat.1 (werbefrei für 4,99€ im Jahr). Alle drei Apps unterstützen die Apple Watch, aber nur Pflotsh SuperHD und wetter.com bieten auch Watch-Face Complications. Die Nutzeroberfläche der Pflotsh-App ist im Vergleich zu wetter.com zwar nicht so schön und übersichtlich, allerdings sind die Wetterkarten und Prognosen von Pflotsh bzw. Kachelmann so viel besser, dass alles außer Platz 1 ungerechtfertigt wäre. Immerhin geht es uns ja um die Qualität der Prognose. Aber: wetter.com zeigt einige Informationen wie z.B. die täglichen Sonnenstunden leichter zugänglich in der Übersicht an.
Der ehemalige Platzhirsch WeatherPro wird leider nicht mehr weiterentwickelt und sollte deshalb gemieden werden. Es ist allerdings zu erwarten, dass DTN/MeteoGroup irgendwann einen Nachfolger für WeatherPro veröffentlicht. Wann ist unklar.
Mein Tipp: Installiert euch sowohl die Apps wetter.com (kostenlos) als auch Pflotsh SuperHD (erster Monat kostenlos) und entscheidet selbst, ob ihr mehr Wert auf die Übersichtlichkeit und Zugänglichkeit von wetter.com oder die Qualität der Vorhersagen von Pflotsh legt. Die Pflotsh SuperHD App lässt sich auch super durch die Pflotsh Storm App erweitern, um Live Wetteranalysen und Regenradar in 5 Minuten Abständen zu bekommen.
Ranking
- Pflotsh SuperHD: Beste Vorhersage gepaart mit unschönster Oberfläche.
- wetter.com: Gute Vorhersage und schöne, moderne Oberfläche.
- WetterOnline: Gute Vorhersage, schön, aber etwas zu simpel. Schlechte Apple Watch Integration ohne Watch-Face Complications.